Farbinseln inmitten von Tristesse

Siebrand Rehberg dokumentierte in den siebziger Jahren Fassaden von Altbauten in West-Berlin, meist Kreuzberg, die der Abrissbirne zum Opfer fallen sollten. Es entstand eine malerisch-poetische Bestandsaufnahme, die in Schichten Geschichte erzählt, vor allem auf der Erdgeschosshöhe der Gebäude. Sozialdokumentarisch und künstlerisch zugleich. Bröckelnde Fassaden, verblassende Schriften, verschwundene Gewerbe, verwitterte Portale, ramponierte Türen und Jalousien. Hier leben Alteingesessene und vor allem junge Neuzugezogene, die fantasievolle Spuren hinterlassen haben. Anarchischer Gestus und politische Empörung einer farbenfrohen Hippie-Ära. „Diese Fotografien“, so der Fotograf Michael Schmidt, Lehrer und Freund, „sollten wie populäre Musikstücke der Siebziger sein. Wenn eine spätere Generation sie sieht, sollten sie die Erinnerung an diese Zeit auslösen“.

 

Siebrand Rehberg

wurde 1943 in Aurich geboren. Er kam 1969 nach West-Berlin, um Kunst zu studieren. Fasziniert von der Stadt und vor allem Kreuzberg, wo er noch heute lebt, wandte er sich der Fotografie zu. Die Werkstatt für Photographie und Michael Schmidt werden zu wichtigen Impulsgebern, Fritz Eschen und Friedrich Seidenstücker zu historischen Vorbildern. 1971 bis 1973 die Ausbildung zum Fotografen beim Lette-Verein, danach Freier Mitarbeiter u.a. für die ZEIT und den Spiegel. Ab 1976 Arbeiten als selbstständiger Fotograf in den Bereichen der Architektur-, Interieur- und Stadtansichtsfotografie mit Fotoatelier in Kreuzberg. Hier entstehen Beiträge für über hundert Prospekte und Publikationen, darunter der PR-Prospekt „Die Farbe Lila“ für Minol mit Fotografien von Tankstellen in der ehemaligen DDR. Danach umfangreiche Dokumentation des Hauses Ulla und Heiner Pietzsch, bekannte Kunstsammler in Berlin. 2014 die Ausstellung „Berliner. Signale des Aufbruchs“ bei Collection Regard mit Publikation beim Nicolai Verlag. Sie zeigt Berlin in den frühen Siebzigerjahren jenseits von Melancholie und Nostalgie.

 

Marc Barbey

wurde 1971 in Paris geboren, studierte Betriebswirtschaft in Angers und Edinburgh und war 20 Jahre im Internationalen Vertrieb, insbesondere in der Softwarebranche tätig. Er lebt in Berlin, der Geburtsstadt seiner privaten Fotosammlung „Collection Regard“, deren Schwerpunkte Berlin und deutsche Fotografie sind. Wie der Name der Collection Regard (regard = Blick), so auch ihre Zielsetzung: die Sammlung nimmt fotografische Werke und Fotografen in den Blick, die Aufmerksamkeit verdienen und möchte der interessierten Öffentlichkeit durch kuratierte Einzelausstellungen mit ausstellungsbegleitenden Publikationen und Salons Photographique Entdeckungen bzw. Wiederentdeckungen ermöglichen. Mit ihrem Wirken nimmt die Collection Regard bewusst eine Position zwischen Museum und Galerie ein. Besondere Berücksichtigung erfährt das umfangreiche Oeuvre von Hein Gorny (1904–1967), dessen Nachlass Marc Barbey verwaltet.

 

Erik Steffen

wurde 1963 in Herford geboren. Er lebt und arbeitet seit 1986 in Berlin. Nach dem Studium der Germanistik, Publizistik und Soziologie als Lektor, Publizist, Kurator und Literaturvermittler tätig. Schwerpunkt seiner Arbeit ist Kreuzberg, das auch sein Lebensmittelpunkt ist. Seit 2011 Zusammenarbeit mit Siebrand Rehberg. Gemeinsame Publikationen „Stillstand und Bewegung. Menschen in Kreuzberg“ (Berlin Story Verlag, 2012) und „Signale des Aufbruchs“ (Nicolai Verlag, 2014). Veröffentlichungen im TAGESSPIEGEL, „DreckSack, Zeitschrift für lesbare Literatur“ und diversen Anthologien.

 

 

 

 

Siebrand Rehberg

West-Berlin 1972-1977

Herausgegeben von Marc Barbey

Text von Erik Steffen

80 Seiten, Hardcover
45 Fotografien
28 x 23 cm
ISBN 978-3-936406-48-1

35 Euro

 

 

 

 

Auf 30 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit einer signierten Fotografie als Beilage

ISBN 978-3-936406-51-1

280 EuroH